Einst verführte der Gott Gran Kain seine älteste Tochter Shilen und als diese schwanger wurde, wurde sie von ihrer eifersüchtigen und zornigen Mutter verbannt. Shilen schwor Rache und gebar ihre Kinder unter Flüchen und Hass gegen die übrigen Götter - das Ergebnis war die Geburt der Drachen und Dämonen, wie wir wissen.
Doch noch ein anderes Geschöpf begann an diesem Tage seine Existenz: An jener Stelle, an der das Fruchtwasser aus Shilens Leib bei der Geburt ihrer Kinder in den Boden sickerte, wuchs einige Zeit später ein junges Pflänzchen, dass bald zu einem schwarzen Baum mit ebenso schwarzen Früchten gedieh.
Jahrhunderte später, als der Krieg der Götter lange schon vorbei und die Göttin Shilen in der Unterwelt versiegelt war, wurde der schwarze Baum von Vaisha, einer Tochter Shilens entdeckt. Vaisha fand schnell heraus wie stark und vorallem tödlich das Gift des Baumes war und das jene Pflanze wohl eine besondere Macht hatte - denn wie die Götter selbst, schien der Baum unsterblich und nahezu unverwüstlich zu sein. Da begann Vaisha eine List zu schmieden, die Shilens Wunsch nach Rache an ihrem Vater erfüllen würde. Shilen stimmte Vaishas Plan begeistert zu und so füllte Vaisha ein Fläschchen voll mit dem Gift des Baumes und suchte schließlich Gran Kain auf.
"Deine Menschlein verlieren in den Kriegen auf der Erde," sagte sie, "diese Rasse ist wirklich eine erbärmliche Schöpfung - schwach, dumm und nichtsnützig…Kein Wunder dass sogar deine eigenen Kinder dich hinter deinem Rücken dafür verhöhnen."
Zorn loderte zunächst in Gran Kains Augen auf und er schickte sich an, Vaisha mit seinem Hammer der Zerstörung zu erschlagen. Doch Vaisha war klug, sie entwich knapp seinem Schlag und noch bevor der wütende Gott erneut seine Waffe gegen sie erheben konnte, zähmte sie seine Wut mit den folgenden Worten:
"Halte ein, großer Zerstörer, Herrscher über die Dunkelheit - denn ich kam nicht als Feindin zu dir, stattdessen komme ich mit einem Handel. Ich kann dir etwas geben, ein Geschenk mit dem du es vermagst dich an einer neue Schöpfung zu versuchen. Und mischt du dies mit deinem Blut, so bin ich sicher, wird deine Schöpfung die mächtigste die die Erde jemals gesehen hat - niemand würde es mehr wagen über die zu spotten! Im Gegenzug möchte ich nichts weiter als Schutz vor Shilen, der ich den Rücken kehrte."
Gran Kain zögerte, dachte einen Moment nach. Doch der Stolz war Stärker als seine Vernunft, einer Tochter Shilens besser nicht zu trauen und er willigte ein. Sodann formte er aus seinem Blut und dem Gift des schwarzen Baumes ein Wesen, stahl einen der Lebensgeister die Einhasad erschaffen hatte und nutzte diesen um seiner eigenen Schöpfung Leben einzuhauchen. Das Ergebnis war ein Knabe der nicht nur Gran Kains Ebenbild war, sondern die Macht und die Unsterblichkeit der Götter besaß. Dies war die Geburtsstunde von Nazgora.
Gran Kain betrachtete sein Werk voller Stolz, wenn auch nicht lange - denn Vaisha nutzte die Gunst der Stunde, packte sich den Jungen und verschwand mit ihm zurück in die Unterwelt. Die nächsten Jahre war es Vaishas Auftrag Nazgora großzuziehen, bis er stark genug wäre zu den Göttern zurückzukehren und Gran Kain zu töten. Nazgora wiederum wuchs auf in dem Irrglauben ein Sohn Vaishas und ein ewiger Diener Shilens zu sein. Als der junge Gott Jahre später die Wahrheit über seine Herkunft erfuhr, stahl er den Schwarzen Baum, den er fortan "Mutter" nannte, vergiftete das Wasser der Braunelfen die unter die Erde verbannt worden waren und sich nun Shilen zugewandt hatten und kehrte zu den übrigen Göttern zurück. Einhasad misstraute und verachtete Nazgora zwar, nahm ihn aber für seinen Verrat an Shilen in den Kreis der Götter auf. Denn lieber duldete sie einen Gott gegen Shilen, als einen Gott der Shilen unterstützte.
Bis heute ist nicht gewiss auf wessen Seite Nazgora wirklich steht. Er scheint ein Einzelgänger zu sein, bekannt als Gott der Gifte, der Laster und Schutzpatron der verbotenen Liebe. Sein Lebensstil ist ebenso lasterhaft wie der Gran Kains den er als Vater bezeichnet. Den schwarzen Baum, indem er eine Art "Mutter" sieht, versteckte er an einem Ort, den nicht einmal die übrigen Götter kennen.